Schlafmedizin

Schnarch‐ und Schlafapnoetherapie

Was ich als Zahnarzt mit Ihrem Schlaf zu tun habe? Das lässt sich vielleicht auf die griffige Formel bringen:
„Schnarchen Sie noch oder schlafen Sie schon?“

Jeder von uns weiß, wie wichtig ausreichender und erholsamer Schlaf für Jung und Alt ist. Wenn die Qualität unseres Schlafes über längere Zeit gestört ist, wirkt sich das negativ auf unser Allgemeinbefinden, unsere Leistungsfähigkeit und unsere Gesundheit aus. Eine weitverbreitete Begleiterscheinung beim Schlafen ist das Schnarchen. Dadurch fühlen sich nicht nur andere gestört, möglicherweise verbirgt sich dahinter auch eine gefährliche bisher unerkannte Schlafapnoe (sprich Apnö = Atemaussetzer).

Diese Schlafapnoe kann schwerwiegende Folgen haben wie:

  • Bluthochdruck
  • Herzrhythmusstörungen
  • Herzinfarkt
  • Schlaganfall
  • Sekundenschlaf beim Autofahren und am Arbeitsplatz mit erhöhter Unfallgefahr
  • Depression und Lustlosigkeit
  • gestörte Sexualität
  • bei Kindern und Jugendlichen Verhaltensauffälligkeiten und Schulschwierigkeiten (jegliches Schnarchen bei Kindern und Jugendlichen ist krankhaft und sollte behandelt werden)
infografik

Kurz: Die Lebensqualität wird eingeschränkt und die Lebenserwartung gesenkt
Etwa 30 Millionen Deutsche schnarchen nachts in unterschiedlicher Stärke.
Mit zunehmendem Alter verstärkt sich dieses Phänomen deutlich.

 

1 Normale Atmung

Wodurch entsteht das Schnarchen?

Bei normaler Atmung strömt die Luft ungehindert durch Mund und/oder Nase in die Lungen und wieder hinaus.

2 Schnarchen

Während des Schlafes erschlaffen alle Muskeln und Weichgewebe. Das betrifft auch den Unterkiefer, die Zunge sowie die Gewebe im Rachen. Vornehmlich in Rückenlage kommt es zu einer teilweisen Verengung des Luftweges und zu einem „Flattern“ beim Ein‐ und Ausatmen. Das Schnarchen entsteht.
 
Schnarchen ohne Atemaussetzer wird primäres Schnarchen genannt. Jedoch entwickelt sich bei ca. 5% aller Schnarcher eine gesundheitsgefährdende obstruktive Schlafapnoe, OSA genannt.

 

3 Atmungsunterbrechung

Wodurch entsteht die Schlafapnoe?

Grundsätzlich muß zwischen einer zentralen und einer obstruktiven Apnoe unterschieden werden. Die zentrale Form entsteht durch eine Fehlleistung des Gehirns, die obstruktive Form entsteht durch eine Verlegung der oberen Atemwege.
 
Durch einen vollständigen Kollaps der Muskeln und Weichgewebe kommt es zu einem kompletten Verschluß des Atemweges im Rachen mit Stillstand des Atemflusses bei gleichzeitiger erfolgloser Atemanstrengung der Atemmuskulatur. Dieses Phänomen kann bis zu mehreren hundert Malen und bis zu Minuten Länge in der Nacht auftreten.
 
Bei Kindern sind häufig vergrößerte Polypen und Rachenmandeln für die Einengung der oberen Luftwege verantwortlich.
 
Übergewicht (hoher BMI‐BodyMaßIndex, es bilden sich auch verengend wirkende Fettpolster im Bereich der oberen Atemwege), abendlicher Alkoholkonsum und spätes opulentes Abendessen können die beschriebenen Phänomene noch deutlich verstärken.

 

Folgen der Schlafapnoe

Die Sauerstoffsättigung im Blut sinkt dramatisch ab und das Gehirn meldet einen „Notfall“. Um nicht zu ersticken, kommt es zu einer kurzen automatischen Weckreaktion mit anschließender oft verstärkten Atmung. Die Weckreaktionen (Arousals) führen zu einer Störung des gesunden Schlafablaufes mit Steigerung des Blutdruckes und der Herzfrequenz und ihren Auswirkungen. Die normale und wichtige Abfolge der verschiedenen Schlafstadien (Traumschlaf, Leichtschlaf und Tiefschlaf), die in einer Nacht mehrmals durchlaufen werden, existiert nicht mehr. Von den vielen Weckreaktionen weiß man am Morgen in der Regel nichts, sondern spürt nur die Folgen des nicht erholsamen Schlafes.

 

Woher weiß man aber, ob man betroffen ist?

Der wichtigste Informant ist häufig der Bettpartner, oder die Eltern bei Kindern. Sie oder er erzählen was nachts so an „Lärm“ entsteht und ob beängstigende „Ruhe“ zwischendurch große Sorgen bereiten. Der Alleinschläfer bemerkt morgens vielleicht Mundtrockenheit, Heiserkeit und Halsschmerzen. Beiden gemeinsam sind allerdings sehr oft die Leitsymptome Abgeschlagenheit und Tagesschläfrigkeit (einen Fragebogen zum Thema Tagesschläfrigkeit finden sie hier). Kinder „überdecken“ die Tagesschläfrigkeit meistens mit gesteigerter Aktivität. Damit sind häufig Leistungsabfälle in der Schule verbunden. Diese kindlichen Verhaltensauffälligkeiten können dann mißgedeutet werden (z.B. ADS). Inzwischen gibt es eine große Anzahl guter Schnarch‐Apps, mit denen eine nächtliche Überprüfung leicht und bequem möglich ist.

 

Wie findet eine Untersuchung statt?

Im Rahmen einer interdisziplinären Zusammenarbeit mit Schlafmedizinern (Fachärzte für Hals‐,Nasen‐und Ohrenheilkunde, Lungenheilkunde, innere Medizin, Neurologen) wird eine spezielle Untersuchung durchgeführt (kardio‐respiratorische Polygraphie). Der Patient bekommt dafür nach Einweisung ein kleines Gerät, etwas kleiner als eine Zigarettenschachtel, mit nach Hause, damit in seinem gewohntem Umfeld die Aufzeichnung gewonnen werden kann. Das Gerät erfasst die Parameter Atemfluß, Atemanstrengung von Brust und Bauch, Schnarchen, Puls, Sauerstoffsättigung des Blutes und die Körperlage (Rücken‐, Seitenlage) während des Schlafes. Am folgenden Tag werden die Daten im Computer ausgewertet. Neben vielen Detailaussagen steht am Ende als wichtige Kenngröße der AHI (Apopnoe‐Hypopnoe‐Index). Der AHI gibt Auskunft über die Anzahl der Apopnoen (komplette Atemaussetzer) und Hypopnoen (teilweise Verringerung des Atemflusses) umgerechnet auf eine Stunde Schlaf. Eine kleine Zahl an Aussetzern pro Nacht wird als unbedenklich eingestuft, während ein AHI von 5‐15/h als leichtgradig, 16‐30/h als mittelgradig und über 30/h als schwergradig bezeichnet wird.

 

Wie findet eine Therapie statt?

Je nach Ergebnis der Polygraphie legt der Schlafmediziner mit dem Patienten die für ihn individuell beste Therapie fest. In Einzelfällen kann zur weiteren Abklärung der bisher erhobenen Befunde eine ergänzende Untersuchung im Schlaflabor für eine Nacht angezeigt sein. Dabei werden zusätzlich zu den Ableitungen der Polygraphie ein EKG und alle Parameter des Schlafes im Gehirn (EEG) mit erfasst.

 
!! Die hier im weiteren beschriebenen Vorhegensweisen beziehen sich auf die obstruktive Schlafapnoe und das primäre Schnarchen !!
 

Neben der allgemein gültigen Empfehlung einer eventuell erforderlichen Gewichtsreduktion, kommen zwei Behandlungsmethoden besonders in Frage:

 
Die aktuelle S3‐Leitlinie (Volltext lesen Sie hier) der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM): Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen – Kapitel „Schlafbezogene Atmungsstörungen“ sieht neben der am häufigsten angewandten Therapie mit der nächtlichen Überdruckatmung („positive airway pressure“, PAP) in Form des kontinuierlichen PAP‐Modus (CPAP, „continuous PAP“) mit einer Maske, die Behandlung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene bei leichtem und mittlerem Schweregrad der obstruktiven Schlafapnoe (AHI unter 30 und BMI unter 30) und beim primären Schnarchen vor.

 
1 Normale Atmung

Bei der Maskenbeatmung werden durch eine kontinuierliche Überdruckbeatmung über eine Maske während der ganzen Nacht die oberen Atemwege offen gehalten.
 
Damit verbunden sind natürlich die Anbindung an eine Maschine, eine körperliche Einschränkung in der Beweglichkeit, häufig auftretende Reizung der Schleimhäute, Geräuschentwicklung und andere eventuelle negative Begleiterscheinungen.
 
Daher kommt der Therapie mit einer Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) bei leichten und mittleren Schweregraden sowie beim primären Schnarchen und bei Maskenintoleranz eine sehr große Bedeutung zu.

 
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Mittels zweier getrennter, individuell angefertigten passgenauen Kunststoffschienen für den Ober‐und Unterkiefer, wird der Unterkiefer in einer vorgeschobenen (protrusiven) Stellung gehalten. Dadurch werden auch die Weichgewebe im Rachen weiter geöffnet und verhindern ein Kollabieren während des Schlafens. Der Atemfluß kann ohne Schnarchen ungehindert die Lungen erreichen. Die Schienen lassen sich leicht einsetzen, sind angenehm zu tragen, ähnlich der Zahnspangen bei Kindern, die zu Hunderttausenden jeden Abend benutzt werden und sind problemlos überall mit hin zu nehmen.

 
Schiene

Es gibt verschiedene Schienendesigns. Hier ist als ein Beispiel das Modell SomnoDent® der Firma SomnoMed® gezeigt.

 

Vorrausetzung für eine erfolgreiche Schienentherapie ist eine genügende Anzahl fester Zähne oder Implantate in beiden Kiefern und keine Erkrankung des Parodonts (Zahnhalteapperat). Für den zahnlosen Oberkiefer gibt es eine Ausnahmemöglichkeit. Patienten, die bereits mit einer „Knirscherschiene“ versorgt sind, um nächtliches Knirschen (Bruxismus) und/oder Kiefergelenksprobleme (CMD) zu minimieren, kann mit der UPS gleichzeitig geholfen werden.
 
Nach detailgenauen Abdrücken beider Kiefer wird eine spezielle Bißnahme durchgeführt, um das erforderliche Maß des Vorschubes des Unterkiefers (Protrusion) zu bestimmen. Diese Unterlagen werden in ein auf „Schlafschienen“ spezialisiertes Dentallabor geschickt. Dort werden nach den Vorgaben des Zahnarztes die beiden Schienen angefertigt und sind nach etwa 10 Tagen in der Praxis zurück zum Einsetzen.
 
Nach dem Eingliedern der Schienen und einer Gewöhnungsphase muß nach etwa 6 Wochen eine erneute polygraphische Untersuchung (nächtliche Schlafüberprüfung zu Hause) zur Beurteilung des Erfolges durchgeführt werden. Es schließen sich regelmäßige Kontrollen nach einem halben Jahr und danach jährlich an.
 
Gemäß der S3‐Leitlinie sollen die Schienen nur von Zahnärzten mit schlafmedizinischer Expertise angefertigt werden! Dr.Wettlin hat eine umfangreiche Ausbildung bei der Deutschen Gesellschaft für zahnmedizinische Schlafmedizin (DGZS) und Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) absolviert.

 

Was kostet die Behandlung und wer zahlt sie?

Die Therapie mit einer Unterkieferprotrusionsschiene kostet je nach Schienentyp etwa 1200,‐ bis 1300,‐ Euro.
 
Die Behandlung des primären Schnarchens (Schnarchen ohne Atemaussetzer) stellt keine Erkrankung im Sinne des Gesetzgebers dar und muß selber bezahlt werden. Die Kostenübernahme für die Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe (mit Maske oder Schienen) unterliegt der Einzelfallentscheidung der Krankenkassen. Sie muß individuell, unter Vorlage aller erhobenen Befunde und der Empfehlung für das geeignete Behandlungsgerät, beantragt werden.
 
Dies gilt sowohl für gesetzliche Kassen als auch für private Kostenträger (Krankenkassen oder Beihilfen).
 
Da die Maskentherapie als „Goldstandard“ gilt, klappt die Zusage zur Übernahme der Kosten für die Schienen manchmal nicht „auf Anhieb“. Wir unterstützen Sie bei der Beantragung der Kostenübernahme.
 
Wir hoffen, Ihnen bereits einen guten Überblick über die sehr erfolgversprechenden Möglichkeiten der Behandlung des primären Schnarchens und der obstruktiven Schlafapnoe mit den Unterkieferprotrusionsschienen gegeben zu haben. Weitere Informationen erteilen wir Ihnen gerne im persönlichen Gespräch.